Nachdem wir bei Morro Chico wieder über die Grenze nach Argentinien gefahren
sind, ging es auf der Ruta 40 nach Norden. Die westliche Ruta 40 und die
östlich gelegene Ruta 3 (die wir südwärts gefahren sind) sind die einzigen
großen Nord-Süd-Verbindungsstraßen in Argentinien. Allerdings ist die Ruta 40
noch über weite Strecken eine Schotterpiste . Wir sind zunächst bis Calafate am
Lago
Argentino gefahren, denn Sylvester stand vor der Tür. Der Ort liegt schön
und windgeschützt am See, hat eine schöne Lagune mit vielen Flamingos und
natürlich auch
jede Menge Touristen. Wir
haben es uns auf einem kleinen Campingplatz gemütlich gemacht, unseren Blog und
die Emails erledigt und sind am 31.12. in einer Parrilla gut Essen gegangen.
Neben einem üppigen Bufet gab es Schaf und Rind vom Grill. Nachdem wir über
endlose Weiten mit tausenden
von Schafen vorbei gefahren sind, lag es nun
endlich auch mal auf unserem Teller und war wirklich recht lecker. Um
Mitternacht haben wir mit den deutschen Nachtbarn angestoßen. Im Ort gingen auch
ein paar Knaller und Raketen hoch, aber das war kein Vergleich zu Deutschland.
Für den nächsten Abend hatten wir uns an einem schönen Stellplatz am kleinen
Lago Rocca verabredet.
Aber manchmal
kommt dann doch etwas dazwischen. Bei der Abfahrt vom Campingplatz höre ich ein
lautes Klappern am
Auspuff. Durch die vielen und schlechten Pisten war die
Auspuffhalterung an beiden Seiten ausgerissen und wie wir später feststellen
mussten, durch die Schwingungen auch noch das Auspuffrohr gerissen. In der
Turi-Info haben wir uns erst mal alle Autowerkstätten geben lassen, die
vielleicht auch Schweißen können, aber am 1.1. hatte
natürlich alles zu. Am 2. ging es dann mit
klapperndem Auspuff von einer Adresse zur nächsten, entweder kein Schweißgerät oder noch
verlängerter Neujahrsurlaub. Gegen Mittag konnte es dann
endlich losgehen und
am Abend waren wir schon zur Testfahrt am Lago Rocca. Während einer Wanderung leuchtete
in der Ferne schon den
Gletscher Perito Moreno in der Sonne. Der Gletscher
gehört zu dem größten Inlandeisfeld der Erde. Es erstreckt sich entlang der
Grenze von Chile und Argentinien und hat etwa die Größe Hessens.
Am nächsten
Tag konnten wir den Eisriesen im Nationalpark los Glaciares von Nahem
bestaunen. Dieser
Gletscher ist einer der wenigen auf der Welt, der ständig
wächst. Und so schiebt sich die 60m hohe Gletscherzunge mit 1-2 cm pro Stunde
immer weiter in den Lago Argentino, bis sie
alle 4-7 Jahre das gegenseitige Ufer erreicht und den dahinterliegenden Teil des
Sees absperrt. Dort steigt dann das Wasser bis zu 20m hoch und schafft sich
dann mit viel Druck gewaltsam einen Durchgang. Von diesem dem Gletscher
gegenüberliegenden Ufer hat man einen herrlichen Blick auf die 4km breite
Gletscherzunge und das dahinter liegende zerklüftete Gletscherfeld. Immer
wieder kracht es im Eis und große Brocken fallen in das kalte trübe Wasser. Und
dann haben wir das Glück einen richtig großen Eisabbruch direkt vor unserer
Nase zu erleben. Mit Getöse donnern mehrere haushohe Eisnadeln in das Wasser
und tauchen später als kleine blau schimmernde Eisberge wieder auf. Nach vielen
Stunden am Gletscher geht es am Abend etwas durchgefroren zurück nach Calafate.
Leider müssen wir noch einmal in die Werkstatt, denn eine Auspuffhalterung hat
nicht so gehalten, wie sie
sollte. Mit ein paar Schrauben und viel Gummi von
einem alten Autoschlauch baue ich mir in der Werkstatt eine dauerhaftere
Lösung, denn auf den nächsten 600km gibt es kaum eine Stadt oder eine
vernünftige Werkstatt.
Anschließend
fuhren wir zunächst in den nördlichen Teil des Nationalparks, nach El Chalten
zum Gebirgsmassiv Fitz Roy. Auf unserer Wanderung am nächsten Tag kamen wir
zwar bis zu den Aussichtspunkten, aber der Blick auf die gezackten Berge bleibt
uns verwehrt. Der
Gipfelbereich lag in dichten Wolken und der starke Wind ließ
die Regentropfen wie Nadeln im Gesicht spüren. In der nächsten Nacht wird das
Auto immer wieder von heftigen Böen durchgerüttelt, so dass wir nicht wirklich
ausgeschlafen weiterreisen. Glücklicherweise hatten wir bisher noch keine
Windschäden, denn andere Fahrzeuge hatten mit ausgerissenen Dachhauben, gebrochenen
Fenstern oder zerstörten Dachzelthauben weniger Glück. Durch
das flache Land
weht fast ständige der patagonische Wind. Bei Gegenwind wird es dann schon für
den Bulli schwer und wenn bei Seitenwind ein LKW kommt, gibt es einen heftigen
Ruck im Auto. Aber auch der Rückenwind macht so seine Probleme, denn auf der
nun folgenden Schotterpiste gibt es dann für Stunden keinen Fahrtwind zur
Kühlung und man wird von der eigenen Staubwolke überholt, die einem manchmal
fast die Sicht nimmt. Nach endlosen Schotterpisten sind wir dann richtig
froh
über ein paar ruhige Asphaltkilometer durch die weite Pampa.
Bei Caracoles, einer Station mit Tankstelle,
Polizei und Restaurant geht es wieder auf die Piste zur Cueva de los Manos, zur
Höhle der Hände. In einer Schlucht des Rio Pinturas haben indianische
Ureinwohner vor 10000 Jahren viele bildliche Darstellungen von Tieren, Menschen
und zahlreiche farbige Handabdrücke hinterlassen. Durch das trockene Klima und
die geschützte Lage sind die
Zeichnungen die besterhaltenen in Argentinien. Am
Ort Perito Moreno verlassen wir erst einmal die Ruta 40 in Richtung Chile.
Entlang des Lago Buenos Aires, des 2-größten Sees Südamerikas, fahren wir nach
Los Antiguos, zum nationalen Kirschfestival.
Der gesamte Ort war ein einziger Campingplatz, auf jedem Grundstück mit
einer kleinen Wiese waren unzählige Zelte aufgebaut. Durch die Lage am Rande der
Anden wachsen hier auf windgeschützten Obsthainen in sonnigem Klima zuckersüße
Kirschen. Und da es
ringsum jede Menge Schaffarmen mit vielen Gauchos gibt, war
die Hauptattraktion ein Rodeo auf wilden Pferden. Bei dem Wettbewerb musste
allerding so einige Male ein Rettungswagen einen verletzten, vom Pferd
geworfenen Gaucho in Ambulanz bringen. Am Abend gab es noch auf einer Bühne den
Auftritt eines lokalen Popstars, das war es dann auch schon. Wir sind am
nächsten Tag weiter nach Chile gefahren. Leider hatten wir bei der
Lebensmittelkontrolle richtig Pech. Der supergründliche Prüfer hat
unser Auto
bis in den hintersten Winkel nach allen möglichen Lebensmitteln durchsucht und
vieles, war bei vorherigen Prüfungen nicht beanstandet wurde, einfach
konfisziert. Auf unsere Beschwerde meinte einer, wir sind reiche Ausländer, wir
können doch in Chile alles neu kaufen. Verstecken kann übrigens auch
problematisch werden, da einige Stellen Spürhunde haben und die Strafen saftig
sind. Von Chile Chico hätten wir um den See, der nun
General Carrera heißt, auf
einer schönen Piste 300km fahren können, wir haben uns für eine kleine Fähre
über den See zur nächsten Teerstraße entschieden. Bei stürmischem Gegenwind und
Sonnenschein ging es am Vulkan Hudson vorbei nach Puerto Ibanez. Durch die über
das ganze Boot fliegende Gischt standen nicht nur die Autos im Regen, nach so
manchem Foto nach vorn war man selbst nass. Von dem kleinen Ort führte die
Strecke über die Carretera Austral durch den von schneebedeckten Gipfeln
gesäumten
|
Imbisküche an der Carretera Austral |
Nationalpark Cerro Castillo nach Coihaique. Die Carretera Austral ist
die einzige Straße, die von Puerto Mont in den tiefen Süden Chiles führt. Sie
ist über weite Strecken eine steinige Piste durch atemberaubende
Berglandschaften, entlang tief eingeschnittener Fjorde und blau schimmernder
Lagunen. Manchmal könnte man aller paar Kilometer für einen Fotostopp anhalten,
eine völlig andere Kulisse als die unendlich weite, eintönige argentinische
Pampa. In Coyhaique haben wir sogar ein
Denkmal für die Mate-Tee-Trinker gesehen. Eigentlich erstaunlich, weil wir die extremen Mate-Trinker, die nie ohne Becher und Thermoskanne aus dem Haus gehen, mehr in Argentinien erlebt haben.
Auch das Klima ist auf dieser Seite der Berge verändert. Während in der
argentienischen Pampa trockene Grassteppe vorherrschte, erstreckt sich je
weiter wir nach Norden fahren
ein undurchdringlicher feuchter Urwald links und
rechts der Carretera (wenn er nicht gerade für weitere Rinderweiden gerodet
wurde.) An einem Abend sind wir von der
Carretera
einen kleinen Seitenweg reingefahren und haben in Sichtweite eines kleinen
Flusses übernachtet. Der Platz war toll, gegenüber konnte man immer wieder hoch
oben über dem Tal das Donnern eines abbrechenden Gletschers hören. Am Abend hat
es dann angefangen zu regnen und nicht wieder aufgehört. Morgens hatte ich so
ein
komisches Gefühl, dann aus dem Fenster geschaut und konnte meinen Augen
kaum trauen. Der Fluss war über Nacht 100m breitgeworden und so weit
angestiegen, dass wir mit allen Rädern bereits im Wasser standen. Da ich aber
inzwischen grundsätzlich auf festem Grund übernachte, hatten wir kein Problem rückwärts
auf die Straße zurück zu gelangen. Da muss es in den Bergen aber heftig
geschüttet haben. Am Nationalpark Ventisquero hatten wir einen
halben Tag
keinen Regen und konnten uns den hängenden Gletscher ansehen. Nach einer
Wanderung durch üppigen kalten Regenwald lag die Gletscherzunge vor uns. Sie
speist zwei mehrere 100m hohe Wasserfälle und ab und zu polten Eisbrocken die
Felsen hinunter.
Anschließend ging es über Puyuhuapi,
einem kleinen von 4 Sudetendeutschen 1935 gegründeten Ort auf der Carretera bis
Villa Santa Lucia und von dort direkt zur argentinischen
Grenze bei Futaleuu.
Eigentlich war die Carretera Austal eine malerisch gelegene relativ gute Piste,
wenn nicht jemand die Entscheidung getroffen hätte, die Straße zu einer
Teerstraße auszubauen. Denn wie in Südamerika üblich, wird das nicht
abschnittweise realisiert, sondern es werden gleich mal 100km Piste in eine
üble breite Baustraße verwandelt. 10km sind inzwischen geteert, der Rest ist
meist in sehr schlechtem Zustand mit vielen Löchern und besteht (zumindest zu
unserer Zeit) meist aus
groben Steinen. Dazu kam dann noch der Regen der
vergangenen Tage. In 2-3 Jahren wird sich ein schönes breites schwarzes
Asphaltband durchs Land ziehen, das man in
einem Tag passiert hat. Der Charakter der Carretera Austral als schmale
Piste durch dichten Urwald wird dann nicht mehr existieren. Schade eigentlich,
aber so ist nun mal der Lauf der Zeit. Da wir auf der Baustrecke auch keinen
vernünftigen Übernachtungsplatz gefanden, sind wir am Abend zu einem kleinen
Gehöft gefahren und
haben dort geschlafen. Überall, wo es zwischen den Bergen
ebene Flächen gibt, wurde der Wald gerodet und Weiden angelegt. Meist liegen
immer noch die dicken Baumstämme der Urwaldriesen auf den Weiden. Manchmal
werden mit Brandrodung auch neue Lichtungen geschaffen. Da sieht die
Laubfärbung dann fast wie im Herbst aus. Das letzte Stück bis zur
argentinischen Grenze ging es wieder bei schönem Wetter entlang der Seen und
reißenden
Bäche durch eine schöne Landschaft.
Im
Grenzort Futaleuu konnten wir in der Arena den Gauchos beim Wettbewerb zusehen.
Dieses Mal ging es darum, dass 2 Gauchos ein Rind in der Arena nur mit den
Pferden mehrmals zwischen zwei Markierungen hin und anschließend wieder zurück
führten. Natürlich will so eine Kuh immer wo anders hin, wenn die Pferde sie
nicht regelrecht einklemmen, und das
Ganze dann auch noch nach Zeit. Das war schon Schwerstarbeit für Pferd und Reiter.
Video von unserem Gletscherabbruch am Perito Moreno
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