
Die Grenzabfertigung war mal wieder schnell und unbürokratisch und schon
ging es mit mulmigem Gefühl auf die Ruta 14. Die Straße ist berüchtigt für ihre
korrupten Polizisten, die es besonders auf ausländische Autos abgesehen haben.
Wir sind in der Mittagshitze unbehelligt Richtung Buenos Aires gefahren und
haben dank GPS auf Anhieb unseren Campingplatz in einem grünen Vorort gefunden.
Am nächsten Morgen ging es mit Bus und Metro ins Zentrum. Bueros Aires hat übrigens
seinen Namen zu Recht, denn trotz der vielen Autos ist das mal eine Hauptstadt,
in der es beim Atmen nicht im Hals kratzt.

Der stete Seewind von der
trichterförmigen 35 km breiten Mündung des Rio de la Plata sorgt trotz der
vielen Autos und der über 13 Mio Einwohner für eine angenehme frische Briese.
Die Stadt wirkt eigentlich sehr europäisch, da sich hier viele Einwanderer aus
Europa nieder gelassen haben. Unseren Rundgang haben wir am Plaza de Majo mit
dem berühmten casa rosada, dem Präsidentenpalast
begonnen. Hier hat 1946 Evita Peron mit ihrer
Rede die Massen begeistert. Im alten Hafen Puerto Moreno, der schön restautiert
ist und nun unzählige Restaurants beherbergt, gab es leckeres argentinisches
Rindfleisch vom Grill. Mit vollem Bauch war uns nach einem längeren Spaziergang
in Richtung des Viertels La Boca. Dieser Stadtteil ist bekannt, wegen seiner
originellen

Häuser. Viele sind aus Blech gebaut, angeblich aus dem von
abgefrackten Schiffen und dann sehr bunt angestrichen. In la Boca soll der
Tango erfunden sein. In den bunten Straßen gibt es unzählige Restaurants und in
den meisten konnte man Tänzern beim schmachtenden Tango zusehen. Neben den
vielen Tangoschulen und Museen ist Buenos Aires die Stadt mit den weltweit
meisten Theatern, hat aber auch viel Grün zu bieten. Da uns zwei Stunden
Fahrzeit vom Campingplatz bis ins Zentrum etwas zu

lang waren sind wir am
20.10. auf einen bewachten
Parkplatz am
Fährterminal Bouquebus im Zentrum gefahren. Von hier konnten wir auch einmal
die Stadt am Abend erleben, ohne durch dunkle Vorstadtstraßen gehen zu müssen.
Im wohlhabenden
Stadtviertel Recoleta
haben wir uns am kommenden Tag den Friedhof angesehen. Entsprechend dem
Reichtum sind viele Grabstätten eher monumentale Mausoleen. In einer eher
schlichten Familiengruft ist hier auch Evita

Peron beigesetzt. Ein Stückchen
weiter, auf dem Plaza Naciones Unidas
steht ein Kunstwerk besonderer Art, die Floralis Generica, eine riesige
Metall-blume, die sich je nach Tageszeit hydraulisch öffnet und schließt. Vor
dem Rückweg mit dem Bus gab es noch eine gemütliche Pause im japanischen Garten.
Am 22.10. haben wir Buenos Aires verlassen, wegen einer Baustelle auf der
Autobahn ging es

durch endlose staubige Vorstädte und dann weiter in die Pampa.
Neben einigen Feldern zogen sich ebene endlose Weiden mit unzähligen Rindern
bis zum Horizont. Weiter südlich ging die Straße, die Ruta 3, zig Kilometer
schnurgerade durch trocken weite Buchsteppe mit vielen Schafen. Ab und zu
konnte man auch mal ein paar Guanacos (den südamerikanischen Verwandten der
Lamas) grasen sehen und manchmal stand zwischen den Büschen ein Nandu, den hier
heimischen großen

Straußenvogel. Trotzdem bietet die Strecke wenig Abwechslung.
Und da kann ein wenig himmlischer Beistand nicht schaden. Immer wieder sehen
wir die etwas eigenwillig dekorierten Schutzheiligen der Autofahrer am
Straßenrand.
Bei Viedma sind wir zur Übernachtung
zur Steilküste vorgefahren. Hier nisten hunderte von Papageien in den Felsen
und machen richtig Lärm, wenn da so ein paar Wanderer am Strand ihre Ruhe
stören.
Und weiter ging es nach Süden. Endlose Pampa, und dann mal wieder eine
Kontrolle. Diesmal war es nicht die Polizei, dieses Mal wurde unser Kühlschrank
und unsere Vorräte kontrolliert. An der Grenze zum nächsten Bundesstaat war das
Mitführen von frischem Fleisch und diversen Obst- und Gemüsesorten verboten.
Also rechts ran und erst einmal ein Kilo Apfelsinen verdrücken, der Kontrolleur
kriegt höchstens einen Beutel mit
Apfelsinenschalen!

Unsere erste Station in Patagonien, dem südlichen, meist menschenleeren Teil
Argentiniens, war die Halbinsel Valdes. Der über 3000km² großer Nationalpark
ist bekannt für sein reiches Tierleben, neben den bekannten Guanacos, vielen Nandus
und Gürteltieren vor allem viele Meeres- und Küstenbewohner. Wie

fast überall
abseits der großen Straßen gibt es auch hier nur unbefestigte
Pisten. Wir sind in dem ausgedehnten NP über
200 km Pisten gefahren. Von fürchterlicher Waschbrettpiste, über Lehm-, Schotter-
und Sandstrecken war alles dabei. Unser erster Halt war Pardelas am Golfo
Nuevo. Hier war gerade Paarungszeit der riesigen bis zu 16m langen Bartenwale.
Die bis zu 54 Tonnen schweren Meeressäuger ernähren sich vom Krill, kleinen
Krebsen, die sie mit ihren bis zu einem Meter langen Barten aus dem Wasser
filtern. Manchmal schnauften die Paare nur 20m vom Bulli entfernt durch das
Wasser. Und mit viel Glück konnten wir eines Morgens

sogar beobachten, wie sie
sich mit viel Schwung ins Wasser fallen ließen und anschließend mit der
Schwanzflosse

auf`s Wasser klatschend Zeichen gegeben haben. Das war schon
beeindruckend, das größte Tier auf Erden so in Aktion zu sehen.. Richtig
possierlich waren dagegen die nur 40cm großen Magelan-

Pinguine. Die meisten der
relativ kleinen Kolonie brüteten allerdings gerade
in kleinen Erdhöhlen auf ihren Nestern. An
mehreren Stellen der langen Küste waren Seelöwen und die gewaltigen
Seeelefanten zu beobachten. Die bis zu 5m langen Tiere können zwar bis zu 1000m
tief tauchen, bei uns lagen sie aber meistens schlafend in der Sonne. Bei einem
Gewicht von bis zu 4 to waren ein paar Meter über den Strand auch sichtlich
anstrengend. Viele Seeelefanten hatten gerade Nachwuchs bekommen. Auf die und
die

kleineren Seelöwen hatten es immer mal wieder die Schwertwale, die
schwarzen Orcas abgesehen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen haben wir dann
doch noch gesehen, wie die 10m langen Orcas dicht neben den schlafenden
Seeelefanten ihre Bahn am Ufer entlang zogen. Sie waren wohl schon satt und
zufrieden.
Wir sind nach der Inselrundfahrt wieder zurück

nach Pardelas gefahren, um
vom Bulli aus den Walen zu zuschauen. Nach ein paar Tagen mussten wir zum
Wassertanken auf den Campingplatz nach Piramides. In den vielen Monaten unserer
Reise in Südamerika standen wir meist allein oder mit noch ein, zwei Fahrzeugen
auf den Campingplätzen, hier schien großes Campertreffen zu sein. 7 Fahrzeuge,
vom kleinen Jeeb bis zum 18 To Cat1 war alles vertreten. Viele waren
deutschsprachig und fast alle auf dem Weg nach Süden.

Hier auf der Südhalbkugel
ist ja so
einiges anders. Nicht nur, dass die Sonne mittags im Norden steht, nach Süden
heißt ja in Richtung Antarktis, also Eismeer fahren. Jetzt, Anfang November wird
es hier zwar so langsam Sommer, aber je weiter wir nach Süden kommen, desto
kälter wird es auch wieder. Alle hatten also Zeit, es war recht angenehm auf
dem Platz und für den kommenden Abend hatte ein Argentinier zum ersten
Geburtstag seiner Tochter Ema eingeladen. Jeder, der wollte, konnte
etwas zum Abendbrot beisteuern. Am Abend wurde dann ein großes Feuer für die
Glut entzündet und anschließend gegrillt. Es war sehr gemütlich, die kalte
Nacht wurde mit einer Schaufel Glut unter dem Campingstuhl gemildert und zum
Ausklang sangen unsere Argentinier zur Gitarre. Das war mal eine richtig schöne
Abwechslung. Am nächsten Tag fuhren wir nach einer herzlichen Verabschiedung
weiter.
Unsere nächste Station war die Industriestadt Trelew. Schon auf der
Halbinsel Verdes war der Stand
überseht mit fossilen Muscheln. In ganz
Patagonien gibt es viele wichtige und ergiebige Fundstellen für Millionen Jahre
alte Versteinerungen. Trelew hat ein interessantes Dinosaurier-Museum mit vielen
einmaligen Fundstücken. Neben einem perfekt erhaltenem Saurier-Ei, 30cm großen
Spinnen, vielen, auch gehörnten Sauriern und
riesigen versteinerten Knochen gab es auch einen Einblick in die Restauration der
Fossilien.
20km weiter liegt der kleine Ort Gaiman. Hier haben sich Ende des 19.Jhdt.
Siedler aus Wales niedergelassen und diesen Ort gegründet. Noch heute wird hier
die Tradition der Teehäuser fortgesetzt. Zur Tasse englischem Tee gab es einer
Platte hausgebackenem Gebäck nach
original walisischen Rezepten. In diesem Ort sind wir auch einer geführten
Wohnmobil-Reisegruppe begegnet, die die gesamte Panamerikana von Feuerland bis
Alaska in 180 Tagen bereisen. Gut, das wir uns etwas mehr Zeit lassen. Sonst
hätten wir uns sicher nicht den wenig besuchten Nationalpark
Cabo Dos Bahias
anschauen können. Wie an etlichen weiteren
Stellen kann man hier durch eine
ausgedehnte Pinguin-Kolonie laufen. Auch
wenn die meisten Tiere in den Erdhöhlen auf ihren Nestern brüten oder
watschelnd zum Strand unterwegs sind, kann man auch sehr eng mit den Tieren
in
Kontakt kommen. Außerhalb des Parks haben wir anschließend einen schönen Platz
am Meer gefunden. Mit zwei netten Schweizern konnten wir hier gemütlich
erzählen. Am Abend haben wir unsere Grillvorräte geplündert und konnten sogar gemeinsam
draußen am Rost sitzen. Der ständige patagonische Wind hatte mal Pause. Zwei
Nächte später hatten wir dafür das Gefühl, der Wind will das Auto auf die Seite
legen. Es hat fürchterlich gepfiffen und das Auto mal wieder so richtig
durchgeschüttelt. Am Morgen haben wir beim gemeinsamen Frühstück original
schweizer Rösti probiert und von uns eine Auswahl
unsere Marmeladen
beigesteuert. Da gab es dann so etwas, wie Kartoffel-Marmelade, oder die rote,
nach Ketchup riechende Tomaten-Marmelade oder die Dulce de Leche, ein
Brotaufstrich aus dicker gezuckerter Kondensmilch mit Vanille.

Am 18.11. sind wir auf der einsamen Ruta 1 weiter nach Süden gefahren. Da
außer das R3 fast alle Straßen in Patagonien unbefestigt sind, ging es nur
langsam bis zur nächsten Kreuzung (100km weiter) mit der Ruta3. Die Gegend hier
ist extrem dünn besiedelt, alle paar hundert km ein größerer Ort und die kleinen
Estancias, die Farmen, liegen meist 20-30 km voneinander entfernt. In der
trockenen Steppe, die ganz selten von einem Fluss durchzogen wird, werden fast
nur noch Schafe gezüchtet.
Dafür gibt es, je weiter wir nach Süden kommen, häufiger die wilden
Guanakos. Diese Kleinkamele sind hier die einzig vertretene Art, die allerdings
schon einmal fast ausgerottet waren. Die anderen Arten, wie die Alpaka, die
Lama und die Vecuna kommen nur in den nördlichen Anden vor. Und hier, wo
eigentlich die Pinguine zu Hause sind, haben wir sogar ein paar Flamingos auf
den Salzseen gesehen. 
Unser nächstes Ziel waren die versteinerten Wälder Bosque Petrificados in Santa Cruz. Nach 50km Piste erreichten wir
den Nationalpark in einer weiten Tiefebene mit bizarren Tafelbergen und einem
Vulkan im Hintergrund. Hier begeisterten uns 65 Millionen Jahre alte Baumstämme
von bis zu 30m Länge
und 3m Durchmesser. Einige Stämme perfekt erhalten, mit
Jahresringen und Astlöchern, wie gerade gefällt. Natürlich darf man keine
Versteinerungen mitnehmen. Das aber schon beim Berühren der auf dem Wanderweg
liegenden Stücke der Ranger mit Fernglas und Presslufthupe auf das Verbot
aufmerksam machen musste, war ein wenig nervend. Wir haben anschließend
außerhalb des Parks ein wenig zwischen den vielen farbigen Steinen rumgesucht.
Leider kann man aber nicht alles
mitnehmen, was hübsch aussieht. In der
Einsamkeit am Rande des Weges konnten wir auch gleich
übernachten. Am nächsten
Morgen ging es die staubige Piste zurück und weiter nach Süden. Bisher hatten
wir mit dem Wetter eigentlich viel Glück gehabt, abgesehen davon, das es
ständig windig ist und die Nächte langsam kühl werden. Aber das ist hier
normal. Bei unserem nächsten Ziel, dem Nationalpark Monte Leon mit der letzten
großen
Pinguin-Kolonie vor Feuerland, hatten wir nicht soviel Glück. In
der
Nacht hatte es heftig geregnet und damit war der Park geschlossen, denn die
Pisten waren nicht mehr passierbar. In Puerto Santa Cruz haben wir 2 Tage auf
einem kostenlosen Campingplatz das Abtrocknen der Wege gewartet. Wenn auch
manche Dienstleistungen vor allem für ausländische Touristen völlig überteuert
sind, so muss man doch immer wieder staunen, wie außerhalb Deutschlands
Steuermittel für die kleinen Freuden des Lebens verwendet werden, dem kleinen
Man direkt zu Gute kommen. Wir hatten dieses Mal auch etwas davon.
Nach einem schönen Sonnentag waren die Pisten abgetrocknet, bzw.
ausgebessert und wir konnten in den Nationalpark Monte Leon hinein. In der
Parkverwaltung hatten wir vorher ein Merkblatt über das Verhalten beim
Zusammentreffen mit einem Puma erhalten, aber auf dem Weg zu den Pinguinen ist
uns keiner begegnet. Wahrscheinlich machte er, wie jede anständige Katze, am
Tage sein Schläfchen. Unterwegs haben wir nur die Spuren im weichen Lehm und
die Reste vom Abendbrot gesehen. Es waren
aber trotzdem noch genügend
Magelan-Pinguine da. Inzwischen waren die meisten Eier geschlüpft und und die
kleinen grauen Küken kuschelten sich im Nest. Immer ein Elternteil war auf dem
Weg zum Meer, um bis zu 50km
weit und bis zu 80m tief für das Futter der
Kleinen zu tauchen. Tausende von Pinguinen bevölkerten die lang gezogene Bucht
und watschelten mit vollem Bauch mühsam zu ihrem Nest zur Fütterung. In der
nächsten Bucht
räkelten sich die Seelöwen in der Sonne, währen nebenan auf
einer kleinen Insel Tausende von Kormoranen und
Möwen brüteten. Diese kleine
Insel war bis 1960 der Hauptabbauplatz Argentieniens für Guano. In den letzten
30 Jahren wurden 10.000 Tonnen von diesem Naturdüngers abgebaut, der sich in
Jahrhunderten aus dem Vogelkot angesammelt hatte. Jetzt haben die Vögel ihre Brutinsel wieder
für sich.
Eigentlich wollten wir von hier aus direkt nach Feuerland weiter. Da wir uns
wegen der Wal-Beobachtung zunächst beeilen mussten, waren wir nun zu früh im
südlichen Patagonien. Auf Feuerland war es noch kalt und unbeständig. Deswegen
ging es erst einmal nach Westen Richtung Chile. Leider kommt der heftige
patagonische Wind genau aus dieser Richtung und wir hatten wohl einen sehr
stürmischen Tag erwischt. Als es dann bei heftigem Gegenwind von 100km/h nur
noch im 3.Gang vorwärts ging, mussten wir eine Rast an einer Tankstelle einlegen.
Am nächsten Tag fuhren wir dann ohne Probleme bis zur Grenzstation Cerro
Castillo nach Chile. Trotz Streik der Zollbeamten hatten wir die Grenze schon
nach 2 Stunden passiert. Leider mussten wir bei der Lebensmittelkontrolle
unsere eingeschweißte Salami opfern.